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21. Juni2016
Phnom Penh – Willkommen in Kambodscha

Phnom Penh – Willkommen in Kambodscha

  • Author: Katrin
  • Date Posted: Jun 21, 2016
  • Category:

Für europäische Touristen ist es wesentlich wahrscheinlicher aufgrund der Fahrweise der asiatischen Taxifahrer oder an einem damit verbundenen Herzinfarkt zu sterben als an Malaria.Am Morgen startet kurz vor 4 Uhr das Sammeltaxi zum Flughafen. Eigentlich wollte ich auf dem Weg schlafen, aber die atemraubende Fahrweise lässt es nicht zu. Bei der Ankunft am Flughafen beglückwünschen sich alle Fahrgäste, überlebt zu haben. Irre!
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Am Flughafen in Phnom Penh angekommen, muss ich mich zunächst für ein Visum anstellen. Ein ziemlich grimmig schauender Beamte winkt mich zu sich an den Tresen, tackert mein Passbild an das Formular, klebt das Visum in meinen Pass und überreicht mir die Rechnung. Erst wenn ich die beim nächsten etwas freundlicher schauenden Beamten bezahlt habe, bekomme ich meinen Pass zurück.
Am Ausgang ignoriere ich alle Taxifahrer und bahne mir den Weg zur Bushaltestelle. In Kambodscha gibt es quasi zwei Währungen, den kambodschanischen Riel und den US-amerikanischen Dollar. Deshalb versuche ich natürlich mein Busticket auch gleich mit einem Dollar zu zahlen. Der Fahrer versucht mir etwas zu erklären, ich verstehe jedoch nichts. Kurzerhand kommt mir ein Fahrgast zur Hilfe, tauscht mir meinen einen Dollar gegen Riel und ich kann zahlen. Ein Stück weiter hinten im Bus bekomme ich einen Platz neben einer älteren, freundlich lächelnden Dame angeboten.
Am Mekong laufe ich entlang und finde ein Café, in dem ich frühstücken kann. Die Preise sind europäisch. Auf dem Markt, den ich danach finde, ist es nur unwesentlich günstiger.

Vor meinem Hotel suche ich mir einen Tuk Tuk-Fahrer, der mich am heutigen Tag durch die Stadt fahren soll. Zunächst geht es ein Stück außerhalb zum Choeung Ek Völkermord-Gedenkzentrum. Es steht an einem von 300 Killing Fields in Kambodscha. Ich muss zugeben, dass ich davon zuvor noch nicht viel gehört habe, weder im Geschichtsunterricht noch bei Unterhaltungen mir Freunden oder Familie.
Doch heute werde ich mit Hilfe eines Audioguides und der Ausstellung viel über die Massenmorde der Roten Khmer erfahren. Die Stätte besteht aus mehreren Massengräbern. Man bekommt eindrücklich geschildert, wie die Menschen zu Tode gekommen sind. Auch der Tod kostet Geld und um Munition zu sparen, wurden Eisenstangen sowie Äxte eingesetzt und Kinder mit den Köpfen gegen Bäume geschlagen. Warteräume, freigelegte Kleidung und Knochen sind immer noch sichtbar.
Mehr als dieses eine Foto mache ich nicht. Im Inneren der Stupa befinden sich unzählige Totenschädel sortiert nach Geschlecht und anderen Merkmalen sowie weitere Skelettteile.
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Ich bin teilweise wie gelähmt und frage mich, wie so etwas möglich ist. Wie nicht nur die Nachbarn im eigenen Land vor Angst wegschauen, sondern wie auch alle anderen Staaten und Staatsoberhäupter einfach die Augen verschließen. Zwischen 1975 und 1979 starben schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen. Bei einer Gesamtbevölkerung von knapp acht Millionen Menschen starben also innerhalb kürzester Zeit ungefähr 20%! Und warum das alles? Um Kambodscha zu einem Bauernstaat zu machen, in dem die Bevölkerung mit den einfachsten Mitteln rund um die Uhr körperlich hart arbeitet.

Nach knapp zwei Stunden fahren zurück nach Phnom Penh und nur wenige Meter hinter der Gedenkstätte öffnet der Himmel seine Schleusen. Unter einem kleinen Vordach lassen wir die Schutzfolie um den Fahrgastraum herunter, mein Fahrer zieht sich einen dünnen Regenponcho über und das Basecap noch tiefer ins Gesicht.
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Mitten in der Stadt befindet sich das Tuol Sleng Völkermord Museum. Früher nannte man das Gefängnis einfach nur S-21. Es stellt eindrucksvoll und erdrückend dar, wie die Menschen hier gefoltert sowie verhört wurden und zum Teil dabei starben ohne es erst überhaupt auf ein Killing Field zu schaffen.
Neben Touristen sind ebenfalls sehr viele Schulklassen in dem ehemaligen Gymnasium zu Besuch.
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Einiges wurde originalgetreu erhalten, wie der Galgen im Hof, der Stacheldraht an den Gängen und die kleinen Zellen, in denen die Gefangenen mit einem Topf für ihre Notdurft hausten.
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Nach dem Museum steht wohl noch ein Punkt auf dem Programm, aber ich kann nicht mehr und lasse mich zurück ins Hotel fahren. Auch fällt es mir gerade schwer, einen angemessenen Beitrag zu schreiben und mein Entsetzen in Worte zu fassen.
Am Abend frage ich mich zu einem guten Restaurant durch, genieße meinen Cocktail, das leckere Curry und schlafe mit den ganzen Erlebnissen des Tages im Kopf etwas unruhig.

Am nächsten Morgen möchte ich einen kleinen Einblick vom heutigen Phnom Penh bekommen. Über den Mekong hinweg sieht man die Hochhäuser, während man im Rücken traditionelle Tempelanlagen hat.
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Ganz so traditionell geht es jedoch nicht zu, wenn man den Mönch mit seinem Tablet sieht…
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In der Hauptstadt steht natürlich auch der Königspalast. Auf der Suche nach dem Eingang bekomme ich erklärt, dass er heute geschlossen sein soll. Dank meiner bisherigen Erfahrung glaube ich das jedoch nicht und tatsächlich komme ich zum Einlass.
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Alle Touristen und Angestellten sind ganz aufgeregt und warten am großen Tor auf den König, welcher gerade von einer Auslandsreise zurückkommen soll. Da jedoch noch keiner der Sicherheitsmänner hektisch durch die Gegend rennt oder aufgeregt in sein Funkgerät spricht, schaue ich mir die Anlage an. Sie ist größer als ich denke und so schaffe ich es nicht mehr rechtzeitig zurück. Oder sitzt der König doch im letzten Auto?
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Viel mehr Lust auf Stadtbesichtigung habe ich nicht und so sitze ich mittags in einem alten Bus, für den ich ein überteuertes Ticket in einer Agentur gebucht habe. Und immer mal wieder falle ich darauf rein…

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